Dienstag, 11. Dezember 2018

Hargo Talu im estnischen Fernsehen oder es gibt einfach kein schlechtes Wetter

Am 10.11.2018 kam mein kleiner Hof mit seinen Bewohnern und der Beitrag im estnischen Fernsehen war gelungen, trotz eisigem Wind und Dauerregen. Die ganze Nacht vorher hatte es in Strömen gegossen und trotz der Matsch-Landschaft zeigten die Pferde, daß sie durch nichts aus ihrer Ruhe und Zufriedenheit zu bringen sind und die Filmaufnahmen wurden mit einigen Aufwärmpausen am holzbeheizten Herd richtig gut. Herbst in Estland ist nun eben eine schwierige Jahreszeit, nach so wundervollem Altweibersommer wurde es aber auch Zeit für die wetter-erzwungene langsamere Gangart.

Einige Szenenbilder der Sendung zeige ich hier, die Sendung selbst ist inzwischen leider nicht mehr abrufbar.













Hundu hat inzwischen seinen Kragen los und das Spielen und Toben mit der deutlich kleineren und somit auch wendigeren Moritzine ist wieder in vollem Gange. Die beiden müssen mitunter nach draußen komplimentiert werden, wenn es dann doch zu laut wird. Hundu hat inzwischen zugelegt und  nun läßt es sich nicht mehr leugnen: da ist ziemlich viel Rottweiler drin... und das erklärt wohl auch, warum er sehr schnell vom Schmusen zum Warnen übergeht. Er freut sich über jeden Besucher, ist auch mit Fremden anhänglich und verschmust, aber eine für ihn falsche Bewegung oder die Ahnung, der Gast könnte mir zu nahe kommen, wird blitzschnell mit grollendem Knurren bedacht, sogar die Zähne blitzen. Er paßt auf mich auf. Er nimmt seine selbstausgesuchte Aufgabe fast ein wenig zu ernst. Damit muß ich nun erst einmal lernen, umzugehen.





Nach dem plötzlichen Abschied von Anton, verursacht durch einen Aorta-Abriß mußte es ganz schnell weitergehen mit dem echten Leben, das spürte ich. Es mußte weitergehen. Sofort. Jetzt keine Pause.

Antons Tochter im August in der Ukraine
Anton hatte in der Ukraine eine Tochter, die mir schon im Sommer aufgefallen war. Ein ganz typisches kleines Alt-Tori-Pferdchen, ich schätzte sie auf 1,5 Jahre. Dunkelfuchs mit blonder Mähne, breiter Blesse. Allerbeste Abstammung. Auf Anfrage erfuhr ich, daß sie völlig wild sei, Anton damals ungeplant für Nachwuchs gesorgt hatte und so ein Pferd würde man nicht verkaufen. War vielleicht besser so, ich hätte den Zwerg gleich mit aufgeladen, Wildpferd hin oder her.

Ich wußte, was zu tun war. Immer wieder fragte ich an und erfuhr nichts. Weder ob die Kleine noch lebte, verkauft war, überhaupt inzwischen verkäuflich sein würde. Ich wurde immer nervöser, ich wußte, daß der ganze Betrieb Ende des Jahres aufgelöst werden sollte und sie dann beim Schlachter landen würde. Eines Abends der Anruf von Pascha Krugliak, dem besten Transporteur der Ukraine. Ich solle bitte, bitte nicht traurig sein wegen Anton, er verstehe mich, er kümmere sich um das kleine Pferd. Und in 4-5 Tagen hätte er einen Transport, da würde er die Kleine nach Vilnius bringen, ich solle sie dort abholen. Auch der Preis war im Rahmen. In diesem Augenblick kamen trotz Paschas liebem Trost, nicht zu weinen, doch einige Tränen...


Und dann ging alles ganz schnell, viel zu schnell. Anruf Pascha am Nachmittag des 24.11.2018 - er habe gerade die Kleine aufgeladen und wenn er die Grenze nach Polen passieren würde, melde er sich. Ich solle dann losfahren. Ein Stall hinter Vilnius wäre der Treffpunkt. Und nachts um 23.30 Uhr fuhr ich los. Bei extrem dichtem Nebel geisterte ich mit meinem alten VW Taro und dem ebenso alten Pferdehänger los. Bis Riga kannte ich die Strecke, fuhr manchmal mehr nach Gefühl als auf Sicht, nicht einmal die Schilder waren mehr zu erkennen. Der erste tote Punkt vor Riga, Viertelstunde geschlafen, weiter. Zum Glück war eine Bekannte mitgekommen, sie lotste mich mit ihrem Smartphone um Riga herum Richtung Kaunas. Und plötzlich überholte mich ein riesengroßer polnischer Reisebus. Ich hängte mich an und konnte somit wieder mit höherer Geschwindigkeit fahren, der Busfahrer kannte sich aus. Bei jeder Radaranlage blinkte er links für mich, bei jeder Ampel Warnblinker. 170 km lotste er mich durch den Nebel Richtung Vilnius, dann bog er ab. Wir blinkten und hupten uns noch zu - ich kann meine Dankbarkeit noch immer nicht in Worte fassen. 

Hinter Vilnius kam die Morgendämmerung und damit wurde das Fahren leichter. Nach 540 km trafen wir Paschas Transporter. Sofort wurden die Formalitäten erledigt, die Kleine bezahlt, "Sibiria" hieß sie also, was für ein schöner Name!  Sie war sehr offensichtlich ziemlich überfordert, so ging das Umladen in meinen Hänger erstaunlich schnell und völlig reibungslos. Pascha und ich umarmten uns und nach nur 1 Stunde Aufenthalt ging es zurück. Insgesamt wurden es 17 Stunden Fahrt - mit 3 kleinen Schlafpausen und immer wieder Kontrolle der ängstlichen Sibiria. War es das wert? 


Zu Hause angekommen wurde die kleine Sibira schnell in ihren eingestreuten Unterstand gelotst und erst einmal trank sie, dann ging sie weg. Kontakt mit Menschen war ihr suspekt, ich ließ sie alleine. Sollte sie sich erst einmal von diesem langen Transport ausruhen...
Sibiria ist praktisch ein Wildpferd, bekommt immer wieder extreme Angst. Den Elektrozaun hat sie schon einige Male durchbrochen, inzwischen respektiert sie ihn aber. Durch Kraftfutter und Mineralergänzer wurde ihr strubbeliges Fell schon glatter und glänzender, aber es wird wohl noch sehr, sehr lange dauern, bis sie Berührungen zu schätzen weiß. Manchmal darf ich sie kurz berühren, dann wieder tagelang nicht. Hafer und Karotten aus der Hand nimmt sie trotz aller Angst sehr gerne und sie beobachtet mich inzwischen durchaus interessiert und neugierig. Kaum hört sie mich, steht sie auf ihrem kleinen Paddock und spitzt die Ohren.

was sie wohl zu einer Karotte sagt?
Sibiria ist bestechlich. Der Anfang ist gemacht.



(die Bilder wurden kurz nach Sibirias Ankunft gemacht, neue Bilder folgen in Kürze)

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Bist wieder gut angekommen bei Deinen Tieren...prima dass Du jetzt einen eifrigen Aufpasser hast...😉