Montag, 25. Mai 2020

Endlich ein Lebenszeichen - das Leben geht weiter.

Ich möchte mich bei allen meinen Lesern entschuldigen, daß ich erst so spät schreibe. Ein persönlicher Verlust hat mich sehr lange aus der Bahn werfen können und an dieser Stelle bedanke ich mich bei allen Freunden, die in dieser schwierigen Zeit teilweise für stundenlange Telefonate Zeit fanden, die mir Pakete und Paketchen mit Leckereien schickten, um mich zu trösten. Und die wieder und wieder zuhörten und für mich da waren. Ich danke Euch: mit Eurer Hilfe und dem Wissen, mich auf Euch verlassen zu können, habe ich wieder neue Pläne, Ideen und vor allem: das Gefühl, alles wieder schaffen zu können.
Hamlet

Der Winter blieb mild und so konnte ich mitten im Januar ohne Handschuhe mit dem Zaunbau weitermachen, endlich wurden an den neuen, vorhandenen Pfosten Elektrozaunseile gespannt, eine Arbeit, die mir ja im letzten Jahr mit gebrochener Hand und anschließender Operation nicht möglich gewesen war.

Lesja und Veruschka
Was auch mit einer linken Hand schwierig gewesen war und dringend nachgearbeitet werden mußte, war die Erziehung der Fohlen. Hassan und Veruschka erinnerten sich nicht mehr daran, daß zum Fohlen-ABC auch das Hufegeben zählt und man sich anbinden lassen muß. Auch Hamlet, der damals erst 3 Monate alt war, mußte sich damit anfreunden, ein Halfterchen zu tragen und daß hinter seine Mutter schlüpfen nicht wirklich erfolgreich ist. Trotzdem ich noch ein bißchen vorsichtig sein mußte, klappte die Erziehung hervorragend. Die legendäre Gutmütigkeit der Alt-Tori Pferde zahlte sich aus und der Rückstand wurde schnell nachgeholt. Als der Hufschmied kam, lobte er die Kleinen sehr. Na also.

Hamlet und Hesperos
Mehrere Fahrten nach Tallinn zu Konferenzen und "runden Tischen" im Landwirtschaftsministerium unterbrachen das Bauernhof-Einerlei und erforderten teilweise sehr viel Vorbereitungsarbeit. Wie sollten sich die (leider kleinen) Subventionen für die Halter gefährdeter Haustierrassen gestalten? Was könnte man besser machen, was ist falsch gelaufen? Ich vertrat als Zuchtverbandsleiterin die Alt-Tori Pferde und freue mich, daß alle meine Vorschläge inzwischen zur Diskussion auf der höheren Ebene stehen und vielleicht der eine oder andere Gedanke dem Rasse-Erhalt helfen wird.

Hengst Heliodor
Messestand Helsinki


Ende Februar war es plötzlich so weit: routiniert hatte ich bestellt, organisiert, geplant und mein Stand auf der Helsinki Expo 2020 (Pferdemesse) wollte aufgebaut werden. Einige neue Ideen und ein vollgeladener Mietbus machten sich schließlich für das letzte Februar-Wochenende auf nach Finnland und die Messe wurde tatsächlich ein voller Erfolg. Wermutstropfen war nur, daß die ersten  Corona-Fälle nun auch in Finnland und Estland gemeldet wurden und die im April geplante Tampere-Messe plötzlich in Frage stand.



Damit fing eine Zeit der Unsicherheiten und Unklarheiten an - nicht nur für mich. Es war ja nicht nur die Messe, für die sich die Ware im Gästezimmer stapelte. Würde der Tierarzt kommen? Wie wäre der Heutransport zu organisieren? Was erwartete mich beim Einkaufen? In meiner Waldeinsamkeit herrscht ja zum Glück nicht so ein Kommen und Gehen, daß mich die Isolation schwer getroffen hätte, auch hatte ich mir in der letzten Zeit angewöhnt, nur noch einmal die Woche einkaufen zu fahren. Aber eine gewisse Angst machte sich doch breit. Wenn ich mich infizieren würde, was würde aus den Pferden? Wie würde es weitergehen? Verantwortung ist immer eine gute Motivation, aber manchmal scheint sie doch etwas zu groß zu sein für mich. Ich beschloß, alles als Herausforderung zu sehen.

Inzwischen ist trotz der ungewöhnlich kalten Temperaturen für Mai der Frühling eingezogen, Amseln, Stare und vor allem die zwitschernden Rauchschwalben haben meinen Hof wieder für sich entdeckt, die Pferde blinzeln in die Sonne, die Kater liegen irgendwo im Sand und tanken Wärme, die Hühner nehmen ihre Staubbäder und eine Henne hat zu brüten angefangen. Das Leben - ob ich es möchte oder nicht - geht weiter. Und endlich habe ich wieder das Gefühl, daß es auch gut so ist.

der dreibeinige Kater Mischka im Sonnenschein
Diesen Sommer wird dank der ausgefallenen Messe wohl weniger möglich sein, der Zaunbau wartet, ob die letzten beiden Unterstände gebaut werden können, ist unklar. Aber so manche Idee möchte ausprobiert und umgesetzt werden, so mancher Gedanke geht mir nicht aus dem Kopf. Alte Freunde schreiben und rufen an, planen sogar Besuche hier. Ich danke Euch allen von ganzem Herzen. Ich hätte es ohne Euch nicht schaffen können. 
Hela latscht ins Bild...

Luisa