Montag, 17. Juni 2019

Durchwachte Nächte und neue Hofbewohner

Der Unfall konnte mich wie erwartet kaum von meinen vielen Arbeiten und Verantwortlichkeiten abhalten und kaum war das Schlimmste überstanden, hatte ich wieder alles im Griff. Erstaunlich schnell war ich wieder gut zu Fuß und die Hofbewohner wurden natürlich alle bestens versorgt und verpflegt. 

Nun stand die Jahreshauptversammlung des Alt-Tori Zuchtverbands an und als erste Vorsitzende hatte ich den Termin sorgfältig vorbereitet. Für mich als Gründerin des Zuchtbuchs und Leiterin des immerhin EU-anerkannten Zuchtverbands eine sehr wichtige Aufgabe, zeigt sie doch, wie gut sich unser Pferdebestand entwickelt, welche Perspektiven wir haben und welche Öffentlichkeitsarbeit wichtig ist. Wie wir festhalten konnten, werden die Alt-Tori Pferde immer bekannter und haben einen sehr guten Ruf, was sich sowohl durch beständige Nachfrage als auch positive Rückmeldungen der Pferdekäufer sehr deutlich zeigt.


Da meine Ziege Milla mit 16 Jahren und Arthrose wohl nicht mehr lange auf Hargo Talu leben wird, stand ich vor der Entscheidung, ob ich überhaupt noch Ziegen halten wollte - es ist ja doch für meinen Ein-Frau-Betrieb eine zusätzliche Arbeit, natürlich haben auch kleine Tiere ihre Ansprüche und ein Recht auf Lebensqualität. Auf die Anfrage einer Bekannten, die aus Gesundheitsgründen die Ziegenhaltung aufgeben mußte, reagierte ich dann doch recht spontan und so zogen bei der alten Ziege Milla zwei Gefährtinnen ein: eine rehbraune milchgebende Ziege und ein schwarzgeflecktes Gesellschaftsdämchen. Die zwei sind deutlich kleiner und neugieriger als Milla und noch müssen sich alle drei aneinander gewöhnen, laufen nicht frei auf dem Hof herum, aber das ist nur eine Frage der Zeit. Die Entscheidung war jedenfalls richtig: ich habe meinen Spaß an den lebensfrohen Neulingen und die Milch ist einfach nur lecker.

Und schon begannen die Nachtwachen, bei Leni wurde das Euter sichtlich größer, die Rundung ihres Fohlenbauchs schien sich nach hinten zu verschieben und es sollten 19 Nächte folgen, in denen ich nicht durchschlafen konnte. Alle 2 Stunden war ich draußen, in den milden Juninächten durchaus in der Pyjamahose, immer sofort von der ganzen neugierigen Herde erwartet. Am hellviolett blühenden Fliederbusch vorbei, in dem ein unermüdlicher Zaunkönig in erstaunlicher Lautstärke sein Liedchen schmetterte. Es waren trotz meiner Müdigkeit herrliche helle Nächte, in denen der riesige hellgraue Bartkauz lautlos und gespenstisch über die hinteren Koppeln strich, immer wieder die Kraniche riefen, der Duft von Heu und Gras und Frühling in der warmen Luft stand.

Endlich am 8. Juni frühmorgens war es dann soweit - ich kam um 3 Uhr zur Kontrolle und das Fohlen lag unter freiem Himmel im weichen Heu, Mutterstute Leni umkreiste es unruhig, es war ihr erstes Fohlen. Vorsichtig rieb ich das Fell mit einem Heuwickel ab, um die Blutzirkulation anzuregen, unterstützt wurde ich von der besorgten Leni, die mit ihrer riesigen Zunge gleich auch sorgfältig meinen Arm saubermachte. Als das karamellfarbene kleine Stütchen nach einigen Aufstehversuchen sicher auf den wackligen Beinen stand, lotste ich die beiden in den Unterstand. Etwas abgeschirmt von der Herde konnten sich Mutter und Tochter besser aneinander gewöhnen und ich kümmerte mich sofort um das erste Saugen, die erste Milch ist für das Fohlen lebenswichtig. Immer wieder drehte sich Leni nach dem Fohlen um und machte so die Suche nach den Zitzen schwierig, ich mußte sie schließlich anbinden, um das Fohlen zum Euter bringen zu können und nun war ganz schnell die Milchquelle gefunden. Aufmerksam lauschte ich dem lauten Schmatzen und Schlucken, um abschätzen zu können, ob das kleine Tierchen genug Milch bekommen hatte. Ausgiebig trank das winzige Stütchen, immer wieder verlor sie die Zitze und suchte eifrig erneut. Schließlich plumpste sie erschöpft ins Heu und ich konnte die inzwischen viel ruhigere Mutterstute Leni losbinden, sie stellte sich halb über ihren Nachwuchs und döste. Noch einige Male kontrollierte ich, ob das Fohlen selbständig trank und schließlich konnte ich sicher sein, daß wirklich alles in Ordnung ist.

erst einen Tag alt und schon neugierig
Inzwischen etwas über eine Woche alt, ist aus dem kleinen staksigen Fohlen eine sehr aktive, lebendige und etwas freche junge Dame geworden, die auch schon im Heu herumwühlt aus dem Futtertrog der Mutter stehlen will. Sie entwickelt sich hervorragend und ich bin froh, die vielen halbdurchwachten Nächte hinter mir zu haben. Die Suche nach einem passenden Namen war schnell erfolgreich: Veruschka heißt die kleine Schönheit.



Nun aber warten viele Arbeiten auf mich, die ich wegen der Fohlenwache nicht erledigen konnte, auch wenn ich mich zwischendurch wirklich wunderte, mit wie wenig Schlaf ich auskomme - irgendwann war ich einfach nur noch müde und so blieben hier und da kleinere Dinge liegen, mußten verschoben werden, standen an. So werden wohl die wartenden Zaunpfosten bald in Angriff genommen und alle Koppelzäune erneuert, ein riesiges Unternehmen auf fast 20 Hektar, das schon in den letzten 2 Jahren etappenweise vorangebracht worden war und hoffentlich große Fortschritte machen würde. Jetzt ist die kleine Veruschka da, jetzt kann es losgehen!





3 Kommentare:

Elke hat gesagt…

Ganz herzlichen Glückwunsch zu den neuen Mitbewohnern (Fohlen und Ziegen), Veruschka ist wirklich eine kleine Schönheit! Dir wünsche ich jetzt aber erst mal gutes Ausschlafen. ��

Viele Grüße, Elke

Gerald Wolf hat gesagt…

Schon wieder ein süßes und gesundes Fohlen, herzlichen Glückwunsch! Es ist schön, daß die Tradition der Ziegenhaltung auf Hargo Talu fortgesetzt wird, alles Gute dafür!

Maria hat gesagt…

Es gibt nichts süßeres und gleichzeitig so ungelenk aussehendes, wie frisch geschlüpfte Fohlen! Und Leni ist der Hammer! Auf viele weitere Nachkommen dieser hübschen Dunkelfuchsstute :-)